Pater Adam Rokosz OP, der mit seinen eindrücklichen Fotografien bereits an internationalen Ausstellungen teilgenommen und auch schon Preise für diese gewonnen hat, hat nun eine zweite Leidenschaft für sich entdeckt: das Motorradfahren. Dass dies nicht nur ein liebgewonnenes Hobby für ihn ist, sondern er es gleichzeitig auch – ebenso wie die Fotografie – mit seiner Berufung verknüpft, lässt aufhorchen. So hat der 39-jährige Dominikanerbruder, der derzeit im Berliner Konvent St. Paulus tätig ist, am 16. April an der riesigen Motorradsaison-Eröffnungsmesse im polnischen Wallfahrtsort Tschenstochau sowie vom 2. bis 11. Juni an der 3.700 km langen Rallye Monte Cassino (Belk/Polen – Monte Cassino/Italien – Groß Chelm/Polen) teilgenommen. Und zwar nicht nur als Biker, sondern auch als Seelsorger.
Obwohl Pater Adam erst im vorigen Herbst seinen Motorradführerschein gemacht und zuvor noch nicht so viele Kilometer „abgespult“ hat, nahm er die (vor allem körperliche) Herausforderung an. Hier berichtet er von seinen Erfahrungen und Erlebnissen.
Motorradmesse in Tschenstochau
Messe mit tausenden Motorradbegeisterten und ihren Maschinen (links). Pater Adam Rokosz OP bei der Motorradsegnung.
Seine erste, mehrtägige Fahrt führte P. Adam zur Motorradmesse nach Tschenstochau. „Das Besondere an der mittlerweile traditionellen zweitägigen Veranstaltung ist, dass sie sich in den vergangenen 20 Jahren zu einem sehr großen Ereignis entwickelt hat und dabei eine geistliche Veranstaltung geblieben ist“, sagt der gebürtige Pole. Um die 30.000 motorradbegeisterte Menschen kommen mit ihren Bikes aus unterschiedlichen Ländern zusammen, um an dieser Messe teilzunehmen – allein schon ein überwältigender Anblick. „Das Motorradfahren verbindet sie“, sagt P. Adam, „und bringt sie in die Kirche. Auch wenn die Kirche in diesem Fall ein riesiger Platz hinter dem Paulinerkloster Jasna Góra ist. Das Schöne ist nicht nur der Gemeinschaftscharakter, sondern auch die Tatsache, wie wohlwollend die Menschen einander sind. Man kennt sich noch nicht, und doch hilft einer dem anderen.“
Pater Adams Fazit: „Es war insgesamt eine grandiose Erfahrung. Außerdem gab es dort die traditionelle Motorradsegnung. Da ich dabei das große Aspergill geschwungen und 18 Liter Weihwasser ,versegnet‘ habe, tat mir eine Woche lang der Arm weh. Aber es war wirklich ein tolles Erlebnis – auch für meine eigene Berufung als Seelsorger, der auf und mit allen Wegen predigen soll und darf. Es gab mir die Bestätigung, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Und das wird auch in mir lange nachwirken.“
Rallye Monte Cassino
Sechs Wochen später machte er sich auf zur „Rallye Monte Cassino“. In zehn Tagen legte er mit „seiner“ Gruppe, die aus 40 Teilnehmern bestand und für die er die geistliche Begleitung übernahm, knapp 4.000 Kilometer zurück. Dabei ging es in Etappen von bis zu 800 Kilometern pro Tag teilweise auch über unbefestigte Wege. „Wir haben unterwegs an den unterschiedlichsten Orten Messe gefeiert, etwa auf einem Feld“, berichtet P. Adam, „und viele andere Menschen, die unterwegs waren und uns sahen, haben sich dazugestellt und mitgebetet. Das ist ein schönes Zeugnis, das bestätigt, dass die Kirche nicht nur das Gebäude ist, sondern dass sich die Gnade Gottes überall kundtun möchte. So kam ich mit dem Herrn zu denen, die ihn außerhalb von Kirchenbauten gesucht haben. Was für eine größere Freude kann man haben?“
„Ein volles Paket“
Der Startschuss fiel für alle Teilnehmenden im Südwesten Polens, in Oberschlesien. Zwar lautet der offizielle Veranstaltungsname „Rallye“, und nicht „Wallfahrt Monte Cassino“, „doch wer es wollte“, so P. Adam, „hatte alle Voraussetzungen, damit es für ihn oder sie eine Wallfahrt wurde mit der täglichen Eucharistie, mit Beichtmöglichkeiten und einer Messe. Und so war es auch für mich ein volles Paket. Aufgrund meines Amtes habe ich als geistlicher Beistand für die Teilnehmenden gedient. Der Veranstalter gab mir freie Hand, was die Feierlichkeiten vor Ort betraf. So habe ich neben den langen Fahrzeiten versucht, den Menschen möglichst viel Seelsorgeangebote zu machen.“ Einer der Teilnehmer habe die Veranstaltung für Exerzitien genutzt. „Man fährt viele Hundert Kilometer alleine auf dem Motorrad. Jeden Tag. Da ist Stille. Da gibt es wunderbare Möglichkeiten, um über Wesentliches nachzudenken. Da hat man sehr viel Zeit, das wachsen zu lassen, was man mit sich nimmt, oder auch die Dinge zu ordnen“, sagt der Motorradkaplan.
(Von links:) Pater Adam Rokosz in Habit und mit seinem Bike, eine Yamaha Super Tenere 1200, die ihn sein Vater für die Tour geliehen hat. P. Adam zelebriert eine Biker-Messe. Messe auf dem Soldatenfriedhof in Bologna.
So wurde mit dem Motorrad gepilgert. Es wurden Messen gefeiert, Orte wie Assisi, Rom oder der Vatikan auch zu Fuß besichtigt, und etwa der polnische Soldatenfriedhof in Bologna besucht (mit Liturgiefeier und Kranzniederlegung) – also „Geist und Geschichte miteinander verbunden“, wie P. Adam sagt. Ging es durch größere Städte, so erhielten die Motorradfahrer eine Polizei-Eskorte. Versorgt mit den jeweiligen GPS-Koordinaten für Sammelpunkte und Zielort, machten sich die Teilnehmenden täglich auf den teils beschwerlichen Weg – in Rom zeigte das Bordthermometer auch mal 45 Grad.
Wohlbehalten am Tagesziel angekommen: ein Selfie auf dem Zeltplatz.
Übernachtet wurde in Zelten oder auch einmal in einem Pilgerzentrum. „Viele Zufahrtswege zu den Übernachtungsplätzen waren matschig und es stand einem das Wasser bis zur Wadenmitte“, erzählt P. Adam von seinen Offroad-Erfahrungen. Am 8. Juni, zu Fronleichnam, erreichten sie Monte Cassino, den südlichsten Punkt und Ziel der Tour, wo sie eine feierliche Messe feierten. „Schöner konnte es nicht sein“, erinnert sich P. Adam.
Da der Veranstalter Begleitfahrzeuge für Getränke und Gepäck einsetzte, konnte P. Adam übrigens auch Messgewänder in allen Farben mit auf die Reise nehmen. Was die Hostien für die 40 Biker seiner Gruppe betraf, so hatte er sich schon im Vorfeld etwas Besonderes einfallen lassen: Er kaufte 40 kleine Cremedöschen, in die jeweils 20 Oblaten hineinpassen. Am ersten Abend der Wallfahrt erhielt dann jeder Teilnehmer von ihm eines der Döschen. „Somit trug jeder sein ,tägliches Brot‘ selbst mit sich und konnte es auch gegebenenfalls mit anderen teilen. Vor einer Messe legte mir dann jeder seine Oblate ins Ziborium. Das war sehr praktisch, denn somit musste ich weder wie ein Tabernakel durch die Gegend fahren, noch hatten wir für die Messe zu wenig Oblaten.“ Interessanterweise habe keiner der Teilnehmer sein Döschen ins Begleitfahrzeug geben, sondern es während der gesamten Wallfahrt bei sich tragen wollen. „Also, die Idee hat richtig gezündet“, berichtet der Dominikaner.
„Im Expeditionsmodus“
„Natürlich ist es keine leichte Kost, zehn Tage am Stück immer wieder sein Zelt auf- und abzubauen, Messen zu organisieren, Verantwortung zu tragen und hunderte Kilometer zu fahren. Das schlaucht schon. Es ist kein Wellnessurlaub, sondern man befindet sich im Expeditionsmodus“, resümiert P. Adam. „Aber Gott fügt, dass man – umgeben von guten, erfahrenen Menschen – nach und nach wachsen kann als Motorradfahrer, als Ordenspriester, als Mensch.“
(Foto links:) Vorbereiten der Oblaten-Döschen.